Herdenschutzhunde

Wer sich mit Tierschutz im und aus dem Ausland beschäftigt landet schnell beim umstrittenen Thema Herdenschutzhund. Nicht selten liest man von ihnen als Tiere, die schwierig zu halten sind, gar gefährlich oder hört von Fällen in denen der Herdenschutzanteil in vermittelten oder verkauften Hunden übersehen oder verschwiegen wird. Doch was bezeichnet dieser Begriff eigentlich? Und wie gehen wir als Verein mit Herdenschützern (kurz: Herdis oder HSH) um? Wir haben für euch einen kleinen Abriss des Themas gemacht.

Welcher hund ist ein herdenschutzhund?

Herdenschutzhunde werden Hunde verschiedener Rassen genannt, die zu dem Zweck gezüchtet worden sind, eine ihnen anvertraute Herde oder Gruppe an Tieren zu beschützen. Dies können zum Beispiel Schafs- oder Ziegenherden sein, aber auch Hühner und anderes Geflügel. Damit sie ihre Schützlinge vor Feinden wie Füchsen, Schakalen, Greifvögeln, Wölfen oder anderen Raubtieren zu verteidigen können, handelt es sich bei reinrassigen Herdenschutzhunden um große, kräftige und robuste Tiere. Wie auch bei anderen Hundetypen (Jagdhunde, Hütehunde etc.) handelt es sich bei HSH um Arbeitstiere. Arbeitende Herdenschutzhunde leben meist mit der Herde zusammen, die sie beschützen und ohne ständige Anwesenheit des Menschen. Um ihre Funktion zu erfüllen, ist es daher wichtig, selbstständig entscheiden zu können, wer oder was eine Bedrohung darstellt und wer nicht. Daher zählen neben körperlicher Stärke ein hohes Maß an Eigenständigkeit, Selbstbewusstsein und Schutz- sowie Territorialverhalten. Besonders beeindruckend ist auch, dass vermeintlich ruhende oder schlafende HSH blitzschnell auf eine drohende Gefahr reagieren können. Ein gewisses Misstrauen gegenüber ihrer Umwelt gehört daher sozusagen zur Jobbeschreibung. Zu den bekanntesten Hunderassen, die den Herdenschutzhunden zugerechnet werden, gehören der Anatolische Hirtenhund (Kangal), der ungarische Komodor oder der französische Pyrenäenberghund.

Wie leben herdenschutzhunde in bulgarien?

Die Rassevielfalt der Hundepopulation eines Landes wird von mehreren Faktoren beeinflusst - unter anderem durch geographische und demographische Besonderheiten, Flora und Fauna, sowie andere Faktoren. Bulgarien (wie auch andere Länder Südosteuropas) ist ein Land, das über sehr viele Gebirgen, Wälder und Weideflächen, bei einer außerhalb der Großstädte relativ  geringen Bevölkerungsdichte. In den Bergen Bulgariens sind Wölfe, Bären, Schakale und weitere Raubtiere heimisch. Diese Besonderheiten bedingen die traditionelle Haltung von Herdenschutzhunden als Wächter von Haus, Hof und Nutztieren der nichturbanen Bevölkerung. Neben der traditionellen bulgarischen Herdenschutzrasse Karakatschan (Bulgarischer Hirtenhund), sind weitere Rassen mit geographischer Herkunftsnähe häufig präsent -  unter anderem der Anatolische Hirtenhund (Kangal), der Sarplaninac, der Kaukasische und Zentraleuropäische Owtscharka, sowie deren Mischlinge.

Oft werden Hofhunde auf dem Land frei "spazierengehen" gelassen. Dies, ebenso wie mutwillige Kreuzungen von Nachbarshunden, führt noch immer zu einer unkontrollierten Vermehrung dieser Hunde in Bulgarien. Unerwünschte Welpen und erwachsene Hunde werden oft einfach "entsorgt", teilweise selbst in den bulgarischen Großstädten. All diese Umstände führen dazu, dass sich unter den Vorfahren der Straßenhunden in Bulgarien sich nicht selten ein Herdenschutzhund befindet - mehr oder minder stark in der Optik oder der Charaktereigenschaften ausgeprägt.

Warum halten aber so viele Bulgaren Herdenschützer auf ihren Höfen? Vor allem natürlich wegen den Beschützereigenschaften dieser Tiere. Ein Karakatschan oder ein Ovcharka würde es im Notfall ohne Zögern mit jedem Wolf und sogar mit einem Bären aufnehmen, um alles, was er als "seins" betrachtet zu beschützen. Was definiert aber ein Herdenschützer als "seins"? All das, was er mit seinen Augen überblicken kann - seinen Hof, die Weide hinter dem Hof, seine Herde, seine Menschen. Dabei entscheidet der Herdenschützer grundsätzlich selbstständig was eine Bedrohung darstellt und mit welchen Maßnahmen Hund dagegen ankämpfen muss. Äußerst selten reagieren sie dabei unangemessen und explosiv - sie sind schließlich Profis.

In der Regel sind diese Hunderassen sehr geduldig gegenüber allem, was "zu ihnen gehört" - auch zu Kindern und anderen Tieren. Bedrohliche Eindringlinge jeder Art (fremde Menschen, Artgleiche und andere Tiere) werden meist von weitem mit großer Präsenz gewarnt. Kommt der Eindringling dennoch näher, werden körpersprachliche Signale und Drohlaute ausgesendet und ihm die Chance gegeben, seine Entscheidung noch mal zu überdenken. Erst, wenn diese deutliche Signale weiterhin ignoriert werden, kommt es zu einem Angriff seitens des Herdenschützers. Dann meint er es jedoch absolut ernst und würde sein "Hab und Gut" mit aller Macht beschützen. Das macht ihn zu einem sehr zuverlässigen, aber auch selbstständig denkenden und entscheidenden Begleiter. 

HSH-Mischlinge

Herdenschutzmischlinge hingegen, tragen neben dem HSH-Einfluss auch Gene und Eigenschaften anderer Hunderassen in sich. Welche Charaktereigenschaften bei den Mischlingen vorhanden sind und überwiegen, ist nicht immer einfach vorherzusagen, insbesondere, wenn diese Tiere im Tierheim leben. Je nach Mischung können auch andere markante Charakterzüge und Verhaltensweisen mit den HSH-Eigenschaften konkurrieren oder sich kombinieren. Zum Beispiel die Reaktivität von Hütehunden oder ein ausgeprägter Jagdtrieb. Es kann also (wie bei anderen "brisanten" Mischungen auch) durchaus zu Verhalten kommen, welches für Menschen schwierig ist zu verstehen, angemessen darauf zu reagieren und in das Leben mit Hund zu integrieren.

 

Vermittlung von Herdenschutzmischlingen

Aufgrund der oben beschriebenen rassetypischen Eigenschaften von Herdenschützern und der teilweise komplizierten Mischungen mit anderen Hundetypen, ist die Vermittlung und Adoption von Herdenschutzmischlingen eine besonders sensible Angelegenheit, der wir als Verein mit einer besonderen Aufmerksamkeit und Genauigkeit begegnen. Dies beginnt bereits bei der Erkennung der HSH-Mixe als solche. Wenn auch häufig durch die Optik Hinweise darauf bestehen, dass ein Mischling Herdenschützer unter seinen Vorfahren hatte, gibt es auch Fälle, in denen dies (insbesondere im Welpenalter) nicht hundertprozentig zu erkennen oder auszuschließen ist. Auch kommt es vor, dass HSH-Mixe ein rassetypisches Verhalten im Kontext eines Tierheims oder einer großen Pflegestelle nicht zeigen, sondern erst nach einer Eingewöhnungszeit in ihrem eigenen Zuhause. Territorial- oder Schutzverhalten können Herdenschutzmischlinge manchmal erst nach einigen Wochen oder Monaten auspacken.

Für Herdenschutzmischlinge müssen daher die Lebensbedingungen rassegerecht und nah an ihrem genetischen Ursprung gestaltet werden: Eine Großstadt, turbulenter Alltag oder eine Mietswohnung ohne Grundstück sind selten Szenarien, in den sich ein Herdenschutzmischling wohlfühlt. Sie sind auch oft nicht "everybodys Darling", haben nicht den Will-to-please des Bordercollies, halten nicht viel von Tricks oder Apportieren, sind aber genügsame und treue Begleiter, die gern auf ihrem Grundstück liegen und dieses und ihre Menschen immer im Blick behalten. Sie sind Begleiter auf gemütlichen, ausgedehnten Spaziergängen, genießen die Nähe "ihrer" Menschen, sind aber oft zu allem bereit sind, wenn sie eine "Gefahr" sehen.

Daher brauchen sie viel Ruhe, Geduld und Respekt im Umgang, um Vertrauen zu fassen. Druck oder aversive "Erziehungsmethoden", erzeugen meist Gegendruck, Misstrauen oder gar reaktives Verhalten. Auch der klassische Methodenkoffer vieler Hundeschulen ist auf Herdis selten anwendbar. Ein Einfühlen und Akzeptieren ihres natürlichen Charakters, das Gehen neuer Wege und eine besonders ausgeprägte Konsequenz und Präsenz müssen für ihre Bezugspersonen selbstverständlich sein. Bitte verstehen Sie also, dass wir bei Bewerber:innen für HSH-Mischlinge besonders gründlich und kritisch vorgehen und die Vermittlungen auch nur von selbst HSH-erfahrenen Teammitgliedern durchführen lassen. 

Bitte überdenken Sie diese Informationen, bevor Sie sich für die Adoption eines Herdenschutzmischlings entscheiden. Können Sie ihm die Lebensbedingungen bieten, die er benötigt? Haben Sie genügend Ruhe und Geduld, um sich eventuell sein Vertrauen über einen langen Zeitaum (unter Umständen mehrere Monate) zu erarbeiten? Was passiert mit dem Hund, wenn Sie auf "halber Strecke" aufgeben? Die Vermittlungschancen eines Herdenschützers in ein artgerechtes Zuhause in Deutschland sind verschwindend gering und die Tierheime sind oft voll mit Langzeitinsassen dieser Rassen. 

 

Unsere Richtlinien bei der Vermittlung von hsh-Mischlingen

  • Vermittlung primär von Pflegestellen in Deutschland.
  • Gründliche Vorgespräche, Hausbesuche und engmaschige Begleitung der Adoption.
  • Keine Vermittlung direkt von "der Straße". Nur in Ausnahmefällen vermitteln wir HSH-Mixe aus dem Tierheim.
  • Adoptant:innen müssen einschlägige Erfahrung oder überdurchschnittlich ausgeprägtes thematisches Interesse vorweisen.
  • Die Verfügbarkeit eines Gartens/Grundstücks ist Pflicht.
  • Regelungen für den Abgabefall werden bereits im Vermittlungsprozess gemeinsam vereinbart. Kein Hund zieht ohne Plan B um.

Unsere Hsh-mischlinge zur Adoption

Ist Ihnen all das bewusst und Sie sind bereit all das zu erfüllen? Dann ist heute für uns Weihnachten, Geburtstag und Ostern an einem Tag und wir sind überglücklich und zutiefst dankbar, ein geeignetes und wunderbares Zuhause für einen unserer Herdenschutzmischlinge gefunden zu haben. Folgende Tiere warten bereits auf ein geeignetes Zuhause.

 

Bobby

männlich, kastriert

geb. September 2021

Luben

männlich, intakt

geb. Oktober 2021

Sylvester

männlich, intakt

geb. November 2021

Shambu

männlich, kastriert

geb. 2014